Ausstellungseröffnung als Performance: Die Veranstalter Eckhard Holzboog und Klaus Fabricius zeigen im Rahmen der Reihe „Art-Act" Collagen, Druckgrafik und den Gedichtband des Künstlers Boris Lurie. Und die Vernissage führt eher den Versuch einer Ausstellung vor, als ein kuratorisches Konzept zur Schau zu stellen. Wo ein extra geladener Kunstexperte die Arbeiten des Künstlers Schmierereien nennt, die jeder fabrizieren könne, gerät die Eröffnung schließlich zum Akt der Sabotage an sich selbst.
Boris Lurie, emigrierter Russlanddeutscher, wanderte nach seiner Befreiung aus dem KZ Buchenwald 1946 nach New York aus, wo er die NO!art-Bewegung mitbegründete: Antikapitalistische, zornige Ablehnungskunst, die sich mit Attacken gegen die Harmonie des American way of life wehrte. Luries Collagen, die seit den späten 50er Jahren entstehen, zeigen Pin-ups, die verführerisch locken. Direkt aus der Illustrierten hat Lurie unzählige Schönheiten auf die Leinwand geklebt. Die rotzig-geleimten Zeitschriftenseiten werden mit Hakenkreuzen übermalt oder mit Fotografien aus Konzentrationslagern kontrastiert.
Diese Arbeiten, die Stoff für eine Debatte über die Möglichkeiten politischer und biografischer Kunst geliefert hätten, sind jedoch nur im ausliegenden Katalog zu sehen, der anlässlich der ersten Lurie-Retrospektive 1995 in Berlin entstand. Er ist ein Kompendium der NO!art-Künstler und ist allein schon den Besuch wert. -val
Art-Act, Galerie Dorn, Planckstraße 123. Infotelefon 0711/6 40 89 97. Bis 22. August 1999, 18-20 Uhr
Publiziert in: Stuttgarter Zeitung Nr. 190 vom 19. August 1999