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BORIS LURIE:
Anmerkungen zu Kunst, Leben und Politik (1995)

Die Kunst der Nachkriegszeit:

Als ich 1945 ziemlich kaputt in New York ankam, da war die Kunst hier bestimmt kein Geschäft. Es gab eine Gruppe „Akademiker", eher seriöse Professoren und nicht so sehr tätige Künstler. Daneben existierten „moderne" Künstler, die etabliert waren, jedoch kaum viel Geld mit ihren Werken verdienen konnten, die ehemaligen Nutznießer der Roosevelt-WPA-Projekte. Wer Künstler werden wollte, wurde von der Immigranten-Gesellschaft für verrückt erklärt - dies jedoch mit Respekt „Ein wahnsinniger Idealist, der nur sein Leben verpfuscht!" Gleichzeitig wurde er damit zum Fahnenträger, der die Sinnlosigkeit der frühen Konsumgesellschaft bereits spürte. Man konnte aber auch mit Stolz sagen: „Ich bin ein Künstler." Davor musste man zuerst mit der bürgerlichen Gesellschaft brechen: Es war praktisch, in ein armes Viertel zu ziehen, in die „Slums", nicht unbedingt und einzig aus ökonomischen Gründen, sondern auch, um das „Schöpferische" aus dem Lumpenproleten-Leben zu ziehen, im Wissen um die - nicht mehr so blühenden - Pariser Avantgarden. De Kooning sagte: „Mein Herz liegt unter der 14. Straße!" Bei den Apolitischen und Naiven bestand der Klassenunterschied nur in der Geographie. Rothko wie auch Motherwell lebten Uptown, deshalb waren sie nicht so „pur". Am besten wäre es sowieso gewesen, gleich in die „Cedar Bar" zu ziehen, und manche lebten auch fast dort.

In der abstrakt-expressionistischen Kunstwelt (der „Cedar Bar" und dem „Künstlerclub der 10. Straße") war man heterosexuell orientiert. (Das oberflächliche „Macho"-Getue wurde übertrieben. Es war große Mode bei den „Action"-Malern, sich untereinander zu schlagen und unflätig zu sprechen.) Die Unterschicht der Kunstwelt jedoch, die einem Maler zur Karriere verhelfen konnte, war meist homosexuell und meist auch im „closet" (Schrank), d.h. die Angehörigen dieser Schicht hielten ihre Neigung streng verborgen, hatten aber jeden in Verdacht, homosexuellenfeindlich zu sein (ob er es wahr war oder nicht). Diese berichteten dann nach „oben", dem kuratorischen Element in den Museen und den wenigen Galerien, die an Avantgarde-Kunst Interesse hatten und die meistens auch homosexuell waren, wer „gut" oder „nicht gut" sei. Die Spitze der Pyramide, die Sammler, waren jedoch Businessleute und meist heterosexuell orientiert.

Die Künstler mussten, um hochzukommen, mit den „Daumen-hoch-Daumen-runter"-Leuten, die die Informationen darüber, wer Talent besaß, nach oben weitergeben, in freundschaftlicher Beziehung stehen und „mitspielen" (auf Homosexuellen-Parties mitmachen usw.). Dies galt auch für die äußerst bekannten Abstrakten Expressionisten, die damals schon großes Renommee besaßen. Und wehe den Künstlern, die im Verdacht standen, homosexuellenfeindlich zu sein.

Dann kam der große Siegeszug der amerikanischen Kunst im nun amerikanischen Weltall. Danach erklärten die Geschäftsleute den Abstrakten Expressionismus für tot, obwohl er gar nicht gestorben, sondern getötet worden war, um mit Pop-Art „Amerika über alles" geschäftsmäßig und propagandistisch zu installieren und um damit neue Moden zu kreieren. Als so das amerikanische Kunstgeschäft international angekurbelt war, wurde die Profession des „Künstlers" gar begehrlich, und die Kunstakademien und Universitäten begannen mit der Massenproduktion von Künstlern. Es wurde nun ganz legitim, die „Kunst" als begehrenswerten diplomierten Beruf zu betreiben. Und warum nicht? Der „größte amerikanische Künstler", Jasper Johns, wird doch heute für 27 Millionen US $ versteigert! Da können ja die Eltern in ihrem „Drang nach oben" den Kindern nicht verweigern, Jasper Johns anstatt nur Arzt oder Advokat zu werden, so wie es früher üblich war.

Es kommen Horden von Aspiranten ins Mekka Soho und Lower East Side (umbenannt in „East Village", um es attraktiver zu machen), Galerien blühen auf und verblühen massenweise. Der neugeborene Künstler mag es, fast wie ein Pop-Music-Star angesehen zu werden. Doch werden die Burschen und Mädels schlimm gequält. Die Lebenskosten sind sehr hoch: Man benötigt beinahe 800 $ monatlich, um ein Atelier oder eine Wohnung in der Lower East Side zu mieten, und dann noch was zum Essen und für Kleidung und, ja!, zum Entertainment. Ein Hamburger mit Coca-Cola kostet 5 $ in den neuen Café, und Kinder aus den Vorstädten sind es gewohnt, gut zu essen. Die kommen nicht nur in den üblichen Jeans und der schicken Armutsmode, die kommen samt ihren Kaffeehäusern, Boutiquen und Galerien. Diese verweichlichte Beatles-Generation ist das Lumpenproletarische nicht gewohnt. Und wie geht nun das Geschäft mit ihrer Kunst? Für die Mehrzahl ganz schlecht, gut nur für die zwei bis drei Personen, die auserwählt wurden. Dabei haben die Leute keine Zeit! Die Unterstützung von zu Hause reicht nur für ein oder zwei Jahre. Sie haben keine Zeit sich zu entwickeln. Darum tun sie alles, was man ihnen befiehlt. Hauptsache, es ist right und a la mode. Das Kunst-Establishment kann ruhig die ein bis zwei Würdigsten von den Tausenden wählen. Wem es nicht gelingt, der muss wieder nach Hause, oder sich eine weniger bestaunte Profession zu eigen machen.

Da ging es uns viel besser. Vom Künstler wurde nichts erwartet, bis er ungefähr 40 bis 50 Jahre alt war. Rocco Armentos und mein Atelier kostete 15 $ monatlich, ohne Heizung und Elektrizität (in New York 1947!), also 7.50 $ pro Person. Mit 100 $ im Monat konnte man auskommen, und die konnte man mit kleinen Nebenjobs beschaffen. Man musste keine Kunstwerke verkaufen oder den Sammlern nachlaufen, die es damals kaum gab. Wenn man energisch genug war, konnte man ausstellen, seine Werke mit einem Publikum konfrontieren, und sich ein Renommee verschaffen. Das Renommee erwarb man sich nicht mittels „Investoren", sondern durch Kollegen (und, ja, die Kritiker, die sich fast immer an der Meinung der Künstler orientierten). So konnte man „reifen" wie ein Cognac, 40 bis 50 Jahre alt, dann wurde man durch das lange Dienen als ehrenhafter und hartnackiger Gläubiger an die Religion Kunst (meistens nur deswegen, jedoch ohne Zahlungen) als „alter Meister" beglaubigt. - Was für ein Spaß! Doch man konnte mit Würde sagen: „Ich bin ein Künstler."

Falls mich heute jemand fragt, was ich so mache, dann antworte ich ihm verschämt: „Ich bin Künstler" und werde rot im Gesicht. Ich weiß ja genau, was die Leute über meine Antwort denken, noch bevor sie fragen: „Wo stellen Sie denn aus?“ (Damit wird natürlich nach den weltbedeutenden Galerien New Yorks gefragt und nicht nach meinem WC oder meiner Werkstatt.) „Seit dreißig Jahren bei niemandem in New York.“ Und das aus Prinzip. Sie würden es mir ja doch nicht glauben. Prinzip, was ist das? Man sollte sich schämen, dass man heute ein Vielfraß-Künstler ist: Stattdessen sollte man sich einen ehrlichen Beruf, wie z.B. Mörder zu eigen machen. Um auf das Wesentliche zielen zu können, braucht man doch viel Talent.

Zur deutschen Sprache

Ich bin auf eine deutschsprachige Schule in Riga gegangen und habe deutschsprachige Erzieherinnen gehabt. Aus diesem Grund ist Deutsch fast meine zweite Muttersprache, die Sprache Goethes, wie man sagt, und die Hitlers, obwohl ich Goethe leider nicht gelesen habe, doch von Hitler viel zu spüren bekam. Darum ist mir die deutsche Sprache so lieb. Trotz Hitler.

Man kann Hitler und die ihm folgenden intelligenten Deutschen nicht negieren. Obgleich es doch nur ein kleiner Zeitraum war, kann man nicht allgemein sagen, es hatte ja nur 12 Jahre gedauert. Dieser Zeitraum war doch ausschlaggebend! Was für unglaubliche Geschichten da passiert waren! Das ist hauptsächlich das Problem der Deutschen.

Die müssen zusammen mit den Juden (beide sind große Büchervölker) intensiv analysieren: Was geschah da? War es zu erwarten gewesen?

Und die Juden, die nun als die historischen „Gewinner" angesehen werden, die Alles überlebten und dies auch selber glauben? In Wirklichkeit sind sie jedoch die Verlierer, nicht die Klugen — nur die Verlierer! Sie sind Verlierer im Holocaust (die „Klugen und Geschickten!"), trotz der scheinbar siegreich-heldenhaften Kriegsführung der Israelis (die nun das Land an die Araber verschenken), trotz des ökonomischen Aufschwungs der amerikanischen Juden in selbstmörderischer Assimilation.

Was mir im Blut steckt, ist die baltendeutsche Sprache (die heute fast niemand mehr spricht), die gehört zu mir, obwohl ich sie nach dem Krieg vergessen wollte und was mir beinahe gelungen wäre. Sie ist in meinem deutschen (russisch-jüdischen) Blutkreislauf. Deshalb bekomme ich jetzt solch einen „Kick", nun in meinem Himmeldeutsch zu schreiben! Wartet nur ab, bis ich im entkleideten Reichstag auf Deutsch, dann neben meinem guten Onkel Hitler, Reden halte.

Über die Lower East Side

Wie geht es mit den Geschäften, meine Partner in der New Yorker Lower East Side (auch East Village genannt)? Sehr gut, Frontkameraden! Doch nicht gerade für uns ... Bei den Immobilienkaufen haben wir den Zeitpunkt verpasst. Die richtige Zeit dafür waren die siebziger Jahre, als fast dreiviertel des Stadtteils abbrannte. Das wurde weder von den universitären Historikern noch von der Literatur festgehalten. Es gibt hier einen Künstlerburschen Yuri Kapralov, der doch ein Buch über den Brand der Lower East Side geschrieben hat, der es aber, trotz tausender Kluge-Bücher-Macher, die in den USA jährlich tausende von Büchern herausgeben, nicht in einem Verlag veröffentlichen konnte. Es wäre eine so einzigartige Gelegenheit für uns gewesen, reich zu werden! Man musste aber starke Nerven (und Muskeln) und ein wenig Geld haben, um dort reich zu werden. Es war nämlich folgendes passiert: aus dieser multi-ethnischen weißen Gegend zogen Ende der fünfziger, Anfang der sechziger Jahre, wer immer nur konnte (viele, wenn nicht die meisten) weg, um in die Vororte zu ziehen und dort eine bessere Luft zu schnappen (und unter geringerer Gefahr in den Straßen unterwegs zu sein). In die freigewordenen Wohnungen zogen Puertoricaner und einige Schwarze ein. Die Einwanderer aus Puerto Rico lebten mit ihren vielköpfigen Familien in kleinen Wohnungen, die nur kaltes Wasser halten („Cold Water Flats"). Dann kamen mit dem Aufblühen des Drogenhandels auch die Süchtigen. Es wurde so schlimm, dass sich die Hausbesitzer nicht mehr trauten, in die Häuser zu gehen, um die Mieten zu kassieren. Andererseits gewährte die Stadtregierung den Leuten, deren Wohnungen abgebrannt waren, viele Vorteile, wie die Möglichkeit, in neue Wohnungen in den Hochhausprojekten der Vorstädte umzuziehen oder Geld für Möbelkäufe.

Die Lower East Side war auch in der Vergangenheit eine gefährliche Gegend gewesen, auch als dort nur die weißen Immigranten und deren Nachkommen gewohnt hatten - doch gab es damals auch ein Zentrum der Immigranten-Kultur, mit vielen jüdischen Theatern in der Zweiten Avenue, mit Bibliotheken und Zeitungen und mit Ausbildungsstätten. Es gab auch Gangs, die sich wegen ethnischer Konflikte untereinander prügelten (wie Iren mit Juden und überhaupt alle miteinander). Gleichzeitig wurde aber alles durch die von der „Tammany Hall" gekaufte Demokratische Partei ganz gut reguliert. Ein alter Rentner brauchte beispielsweise nicht zum Gericht gehen und sich einen Rechtsanwalt nehmen, was er nicht konnte - die Tammany-Hall-demokratischen Politfritzen regelten alles, solange ihnen die Leute nur bei Wahlen ihre Stimmen gaben. Danach machten sie natürlich ihre eigenen Geschäfte; genau wie wir das jetzt auch machen möchten, allerdings mit weniger Erfolg.

Die Gegend war also immergefährlich. Wenn man abends spazieren ging, war man wohl beraten, wenn man überall im Kopf, vor allem auf der Hinterseite, offene Augen hatte.

Dann kamen die Brände am Ende der sechziger Jahre und durch die ganzen siebziger Jahre hindurch. Die Lower East Side brannte langsam ab, ich würde sagen, zu 70 Prozent. Das war das Resultat einer stillen Übereinkunft zwischen der Stadtverwaltung, den Hausbesitzern und den Mietern. Die Stadtverwaltung wurde ein Problem los. Die Hausbesitzer, die keine Mietzahlungen mehr einnehmen konnten, erhielten Geld von der Versicherung. Die Mieter waren froh, aus der Lower East Side heraus und in neue Wohnungen zu kommen und zusätzlich Geld für Möbel zu erhalten. Den Drogensüchtigen ging es nicht so gut, weil sie, wie einige Mieter, die von dem Termin der Brandstiftung nichts gewusst hatten, entweder ihren Wohnort verloren hatten oder im Brand umgekommen waren. Sie waren es auch, die entweder zufällig umkamen (beim Desinfizieren ihrer Nadeln mit Feuer), oder die dafür bezahlt wurden, das Feuer anzufachen. So wurde auch dieses Problem gelöst. Obwohl diese Zustände lange Jahre dauerten, wurde darüber (soviel ich weiß)nichts berichtet. Da hätten wir die halbverbrannten oder die vereinzelt freistehenden kompletten Häuser haben können, zwischen denen die Hausbesitzer bettelten, dass man ihnen ihr Gut für fast nichts abkaufte. Zu spät verstanden! Die klugen Freimarkt-Entrepreneure zogen schon ein, um die Häuser zu erwerben und schnellstens neue Kaffeehäuser aufzumachen, in Vorahnung der neuenjungen Kultur, die aus der Provinz nahte und in die Häuser einziehen sollte. Von da an ging das Geschäft (d.h. in den Siebzigern und danach) sehr gut! So gut, dass die Mieten so hoch wie auf der luxuriöseren Upper East Side wurden. Außerdem gab es hier nicht das extreme Gefälle, dem die Upper East Side ausgesetzt war. Das Geschäft mit den Häusern lief hier so gut wie während der Immobilienkrise Anfang der 90er Jahre, wo die größten Oligarchen in Uptown und in der Finanzgegend der Midtown und der Wall Street bankrott gingen.

Ihr seht, meine Partner, die Kunst, Kultur und alles, was damit zusammenhängt, ist immer ein gutes Geschäft; man muss nur die Zähigkeit und die Finanzkraft haben, um es auszuhalten. Da geht es durch dick und dünn, und Kriege und Aufstände, wenn sie nur genial geplant oder genutzt werden, können in unverhoffter Weise auch uns nützlich sein. (Auch wenn Kunst abbrennt, wird der Überrest umso wertvoller - doch leider nur in dem Fall, wenn genügend Werke eines Künstlers übrigbleiben, um sie danach zu promoten.) Jedenfalls kann ich berichten, dass das Geschäftliche in der Lower East Side sehr gut geht. Obwohl es viele der Galerien, die mit dem Einfall der Künstlermassen in der achtziger Jahren schnellstens eröffnet wurden, nicht mehr gibt. Sie sind kaputtgegangen oder nach Soho gezogen, wohin kein anständiger Lower East Sider mehr geht. Da stinkt es furchtbar nach Kunst! Von den „Machern" unter den Galeristen, den Nachfolgern von Castelli und Sonnabend, gibt es dort zu viele. Wie die es schaffen, im Business zu bleiben, verstehe ich gar nicht, da das Geschäft in der gegenwärtigen Kunst schon seit einigen Jahren fast überhaupt nicht mehr existiert. Sie halten sich jedoch noch mit Hoffnung über Wasser. Es gibt wahrscheinlich immer noch genügend reiche Leute, die es nicht lassen können, neues Geld dort anzulegen, um es dann zu verlieren; das Kunstgeschäft ist für solche doch faszinierend (dabei hilft, dass man, wenn man ein sehr hohes Einkommen hat, Verluste für einige Jahre von der Steuer abschreiben kann; also kommt neben der Hoffnung auf eine günstige Spekulation auch ein weiterer Reiz der Kunst ins Spiel). Ich rate meinen Business-Kameraden vorläufig, sich von solchen Investitionen fern zu halten. Mir scheint, dass es nur wenig Chancen gibt, einen neuen Jasper Johns zu schaffen. Dann gibt es,  gerade jetzt, nach dem völligen und weltweiten Sieg der Demokratie (!) auch unglaubliche Terroristen-Intellektuelle, die darauf beharren, dass man alle Kunstinvestoren an Sohos Straßenlaternenhängen müsste. Na, könnt Ihr so was verstehen? Die wollen alle Selbstmord begehen, genau wie die Sowjet-Russen! Ohne unser Kombinat keine schöne Kunst.

Was wichtig ist, sind ja die Zahlen, meine Geschäftsfreunde! (Hinter uns kreativen Entrepreneuren sitzen ja die erbarmungslosen Buchhalter und kontrollieren alles.) Im New Yorker Kunst-KZ ist es ja so: So viele Kunstschaffende können wir gebrauchen, um ein gutes Arbeitskommando auf zu stellen, mehr nicht! Also die einen nach links, die anderen nach rechts. Wenn wir dummerweise zuviel ausgesucht haben, dann muss man, um die richtige Zahl zu kriegen, einen weiteren Appellmachen. Da können wir noch einmal wählen, mit allen schönen Begründungen: bitte keine rothaarigen Genies mehr, davon haben wir genug, jetzt lieber einige mit langen Haaren oder blauen Augen, oder mit Namen, die nicht so scheußlich ausländisch klingen. Die Zeit spielt da auch eine Rolle, es muss alles auf die Minute genau klappen. Der Appell für die ausgewählte Mannschaft dauert nur einen Moment lang. Wer sich zu spät anstellt, hat die Auswahl verpasst. Manchmal, glücklicherweise, kann man für die Künstler sagen. Es kommt manchmal vor, dass das Ausgewähltwerden nicht zu Ruhm und Weiterleben führt, sondern zum Künstlertod. (Oder auch zu Ruhm ... mit Künstlertod.) Wer aber versucht, sich vor der Selektion zu verstecken, der wird noch vor dem Schluss der Auswahl von uns gefunden und zum Appellplatz abgeführt ... dann kommt der Jesus Christus selbst, als Motorradfahrer von der Polizei verkleidet, und übergibt den Befehl, es tue ihm leid, doch die Aktion sei gleich beendet. Solche Künstler müssen lebenslang im Dreck der Lower East Side bleiben, vorläufig noch.

Über die wirkliche Kunst im Leben

Was ist die Sache mit der Kunst ... Sch-munst? Als ich ungefähr 14 Jahre alt war und zu Besuch in Italien, da gab es eine Ausstellung von Veronese, und ich sagte zu meiner Schwester, er gefalle mir nicht. „Wie kannst du so was sagen? Der Veronese! Der Veronese!" Er stinkt nach süßem, grau-rosa Tod, dachte ich mir. Er gefällt mir auch heute noch nicht. Wie viele große Kunstwerke gibt es (von denen wir wissen)? Wie viele gibt es in den größten Museen, die nicht bloß gutes Handwerk sind, sondern dieses Feuer haben? Bei den Gesegneten nur einige Werke. Der Oberste hat den Künstlern für ein paar Minuten den Pinsel abgenommen und allein gemalt. Ein Goya, der dem Goya entlaufen ist ... Der alte Tizian, der plötzlich das Frauenfleisch durchschaute ... Van Gogh, der seine Verrücktheit zeitweise nicht kontrollierte ... Chardin, der in seine Blumenstilleben und Obstkörbe unbewusst die Qual der Menschheit einfügte ... Zu wenige dieser Sachen gibt es: der Rest sind Pferdehinterteile, auf die sich ein englischer Lord stützt (Joshua Reynolds). Das heutige Äquivalent ist die aufgeblasene Warhol-Fotografie von Jackie Kennedy. In den wenigen großen Sachen, darin stockt die Tat, die bestimmt von Oben kommt. Falls das so ist, warum soll man sie nicht mit anderen Taten vergleichen, die außerhalb der Kunst sind: Wie steht es mit der Tat der stillen Dame (eine Nachbarin von uns), die sich auf ihr Fahrrad setzte, zum Judenghetto und Kriegsgefangenenlager fuhr, um dort Pakete mit Lebensmitteln unter Lebensgefahr über den Zaun zu werfen (Olga Penerdzhi in Riga)? Wie steht es mit dem verwundeten deutschen Kriegsgefangenen, der dem frierenden Stanley Fisher (unserem verstorbenen Künstler) nach der Normandie-Landung seine Stiefel schenkte? Wie ist die Tat der KZ-Gefangenen im Zentrum der Stadt Magdeburg zu sehen, die (scheinbar befreit; die SS-Bewachung war geflohen) einen anständigen SS-Mann, der dageblieben war, als erste Geste ihrer (scheinbaren) Befreiung feierten und in die Luft hoben, obwohl sie ausgedörrte Skelette waren? (Er soll sich nachher Sträflingskleider angezogen haben ...) Wie soll man die „Action Art" der namenlosen Frau in der Kolonne der Großen Aktion in Riga bewerten, die, auf der Moskauer Straße zum Rumbula-Wäldchen getrieben, irgendwie die Inspiration bekommen hatte und der es während des kilometerlangen Marsches auch gelungen war, einen Zettel zu schreiben, und den Zettel, auf dem sie schrieb: „Rächt uns!“, unbemerkt von der Lettengarde auf die Straße zu werfen? Sie hätte dafür erschlagen werden können wie meine Großmutter, noch auf der Straße, noch vor dem Endziel Rumbula. Wie ist diese Aktion mit den Arbeiten der hochbekannten New Yorker „Action"-Künstlerin H.F., auch eine Jüdin, zu vergleichen, deren meilengroße und künstlerisch blutleeren Schmieragen in den Museen zu verdauen sind? Das sind nur einige Beispiele: Wo ist die große künstlerische Tat? Nicht unbedingt, kaum, selten in der sogenannten Kunst. Die Kunst versteckt sich außerhalb.

Ich spreche zuviel von der Vergangenheit? Hier ist die große Kunst von „heute": der französische Schriftsteller Christian Didier (er sei ein unbegabter Schriftsteller und außerdem verrückt gewesen, schrieb die New York Times) besuchte den alten Vichy-Kollaborationsminister Bousquet, der die Gestapo davon überzeugt hatte, dass nicht nur jüdische Erwachsene, sondern auch minderjährige Kinder nach Auschwitz „ausgesiedelt" werden sollten. Monsieur Bousquet war schon 84, doch war er nie vor Gericht gestellt worden, er hatte viele Freunde, darunter auch, wie sich herausstellte, der Sozialisten-Präsident Mitterand, der öfters das Mittagessen bei ihm einnahm. Nun ging der Schriftsteller (untalentiert, sagte die Presse) zu Herrn Bousquet in seine Luxuswohnung im 16. Arrondissement und durchlöcherte ihn mit der Pistole, das heißt, er machte ein Kunstwerk, das von Lucio Fontana beeinflusst war, der Löcher in aufgespannte Leinwände stach ... Dann organisierte er ein Happening in einem Hotelzimmer, wo er in Anwesenheit der Pariser Presse und des Fernsehens erklärte, er sei stolz darauf, die Scheiße aus Frankreichs Angesicht entfernt zu haben, dies sei seine Kunst, auch wenn seine Bücher, vielleicht zu Recht, keinen Erfolg hätten. Die Nazijäger und die bürgerlichen „israelischen" Gemeindehäuptlinge weinten Tränen: was für ein Verlust! Noch ein hundertjähriges Gerichtsverfahren verpasst, um nochmals der Welt die Nase in die Scheiße zustecken. Und mit Hilfe des Rechts und durch das Langsamscheißen der wohlbezahlten Richter und Advokaten wäre der Polizeichef Bousquet wegen Altersschwäche nach Hause entlassen worden. Doch dieser Lucio-Fontana-Künstler, dieser Verrückte und untalentierte Schreiber, jetzt hat er sein Talent nicht verfehlt - er hat Holocaust'sche Kunst gemacht statt yap-yap-yap. Das ist nicht Mord, das ist wirklich so, wie der Liebe Gott es haben wollte in der kargen Wüste. Avantgardistische Kunst. Die gibt es noch.

Ratschläge für die Künstlerkollegen

Achtung! Macht's im Maßstab so klein wie möglich! Das aufgeblasene Amerikanisch-Perverse (vom Großmaßstab-Abstrakt-Expressionismus bis zu den Pop-Maestros und hin zu den klugen Konzept-Entertainment-Rätselsprüchemachern) sollte vermieden werden: die wahre heutige Kunstsoll nicht heuchlerisch auf Gala-Museumskarnevalsveranstaltungen (die ja nur dem Establishment und Entertainment und dem Kunstmarkt dienen) dargeboten werden. Drum: einfach, tief, doch mit Bescheidenheit. Die Reaktion auf all dieses scheinbar wilde Kapitalistisch-Anarchistische ist ja schon zu spüren. Was nötig ist, ist einfach stille Wahrheit! Eine Sache, die es im verworrenen Tumult fast nie gibt! Darum kapituliert nicht und werft gleich Pinsel und Paletten weg, sondern setzt sie nutzbringend für eine Klärung ein! Der Mensch ist sogar im demokratischen Stall nicht nur eine Produktionsmaschine: Es wird schwer fallen, den Drang nach persönlicher Kreativität zu schlachten.

Und was die Kunsthistoriker und „Kunstaussauger" anbelangt, so sollten sie nur schreiben, was passiert, und keine Künstler-Leibstandarten für Bewegungen (für die sie die Künstler zum Todeseinsatz engagieren) wie den Heil-Hitler-Pop und die Arte Povera sein, die sie dann im festen Schritt und Tritt zum Kunstsieg führen.

Wie geht es so mit dem Geschäft? Das ist ein Problem, meine Herren. Die Kunst ist leider kein Geschäft, mit dem man regelrecht verdienen und seine Familie aufziehen kann (falls man nicht weint und richtig schläft und stiehlt und dem Kunstmarkt unterliegt, wobei man auch viel Glück und Geschick haben muss). Die menschlich-ökonomische, artgerechte Kunst wurde in den selbstmörderisch-sozialistischen Ländern schon versucht, mit nicht besonders viel Erfolg - doch, in manchem doch: Sergej Eisenstein und Pudovkin waren gar nicht schlecht! Drum hofft dort nicht auf Nahrung aus dem demokratischen Freibeuter-Staat. (Dort gibt es nur viele Karnevalsveranstaltungen und Hochglanzschriften.)

Viel besser ist es, von vornherein reich zu sein, oder reich zu heiraten. (Wie es die Frauenrechtlerin und Bildhauerin Louise Nevelson so herzlich-treffend ausdrückte, dass die Ehemänner lesbischer Künstlerinnen ja nur zur Ausbeutung für den Kunstzweck taugen. Die „schwarze" Dame — sie färbte alles schwarz ein, ein einfaches System - hat auch einen Beitrag zum Thema Holocaust mit dem hochherzigen Titel „Zu Ehren von 6 Millionen Juden" angefertigt, den sie selbstverständlich schwarz gestrichen hat. Sie sollte einen ganzen hellen Tag lang in einem neuerrichteten KZ verbringen, dann würde sie eine solche Gräueltat nicht zustandebringen.

Der Holocaust ist immer noch kein besonders gutes Geschäft, nicht so gut wie die Pop-Art und die Minimal Art, doch zieht er schon einige wenige Entrepreneure an (wie ich bemerkte, gibt es eine andere, diesmal polnische Dame, die Skulpturen zu diesem Thema en masse produziert). Bisher waren es nur amerikanische Vorstadtmädchen, die sich den Ausflug nach Auschwitz leisten konnten, um dort die Asche der Toten zu klauen und sie in ihre abstrakt-expressionistischen Farben zu mischen, um so die Opfer zu verspotten: dieses Minimal-Geschäft geht bis in die höchsten Kreise (d.h. in die Kreise, wo jegliche Form von Kritzelei verwertet wird).

Die erstere Bildhauerin war aber klug und hatte Glück; also besteht die Möglichkeit für ein Geschäft. Da muss man immer wieder Himmlers Marketing-Research durchführen. Wenn man das nicht tut (selbst wenn die Ware sehr gut ist), dann geht es schlecht mit dem Geschäft. Man darf auch nicht zu früh auf Avantgarde-Kunst kommen (wie ein Kandinsky): die Offensive muss genau in die Zeit passen. Also behaltet die Bomben in den Reihen der Artillerie, sonst verschießt Ihr sie sinnlos.

Wenn Ihr Euch nicht an alle Regeln haltet, dann geht es auch mit Euren Investitionen schlecht. Es geht auch schlecht, wenn Ihr Euch fest an alle Regeln haltet, sogar wenn Eure Produktionen vielen Leuten wirklich gefallen, die aber leider kein Moos in die Kasse legen können. In der bildenden Kunst ist das ziemlich schlecht, da jedes Objekt einzeln zu verwerten ist. Wie viel tausend Liebhaber da sind, spielt keine Rolle (vielleicht in künftigen Generationen, wenn da noch was vorhanden ist). Drum habt Ihr nur einen Weg, vielleicht auf der Wirklichkeit zu beharren: Schreit!

Deshalb ist es besser, nicht nur ehrenhafter - kein Geschäft! Die kleinen Kinder sollen hungern, oder gar nicht erst von Euch gemacht werden.

Die Hauptsache in dieser Zeit des erstarrten Friedens: Macht schnell! Es gibt keine Zeit zu verlieren, sonst stehen wir starrend wie die Bosnier und die Serben: Ruck-zuck, wie in den Preußenheeren. Und denkt nicht zuviel an Ästhetizismen - aber viel an das, was in den Zeitungen und auf den Bildschirmen abläuft; analysiert das mehr als Eure Dr. Freud-Geschichten. Wenn man zuviel an alles andere denkt, verpasst man den richtigen Zeitpunkt. Der Lenin wusste das ... auch der kriminelle Hitler. Doch der „Scheißer" (Typ New Yorker Rechtsanwalt) Gorbatschow war zu klug, um dies zu kapieren. Doch folgt bitte nicht dem Sieger Hitler, obwohl sein Stinken dazu reizt!

Dann: macht viel. Warum? Der Kunstmarkt wartet doch nicht auf Eure genialen Werke - aber gerade drum, zum Trotz. Um zu beweisen, dass doch nicht alles wirtschaftlich funktioniert. „Zieht" euch die Geschichte „rein", nicht unbedingt die Kunstgeschichte, wie sie von den sogenannten Spezialisten aus dritter und vierter Hand abgeplaudert wird. Der alte Fürst Tolstoi hatte all das schon um1890 zu sagen („Was ist Kunst?"), auch der immer noch von den Kontras verleumdete Maxim Gorki wusste manches über Kunst, wie auch die vorausblickenden Lehrer der Frankfurter Schule. Und Man Ray sagte zu einer Gruppe junger Leute, zu der auch ich gehörte: „Glaubt Ihr, dass das, was zur Zeit in den Museen aufbewahrt wird, wirklich die beste Kunst ist? Wie steht es mit den Sachen, die Bränden und Überschwemmungen zum Opfer fielen?" Diese unkomplizierte Frage hat mir die Augen geöffnet wie keine verschulte Lehre. Und ich verstand nun, dass es kein Oberkommando unter den Künsten gibt und handelte danach befreit!

Der beste Ort für eine Zusammenkunft

Wo werden wir unsere nächste Generaldirektoren-Sitzung abhalten? In der abgebrannten, dann aber von Yuppies wieder aufgebauten Lower East Side? Das passt meinen Herren Kollegen vielleicht gar nicht. Oder in meiner Wohnung in der Uptown, in der Nähe der Park Avenue, die ich auf merkwürdige Weise, als es 1974 in der Lower East Side und in der Straße meines Ateliers besonders heftig brannte, gesetzeswidrig (wie sie sagen), weil ich ihr Schloss durch einen Hammerschlag öffnete, erworben habe? Auch da ist den Kompagnons wahrscheinlich die Atmosphäre nicht recht. Zu viele Obdachlose liegen da nachts in Kartons in den Eingängen der französischen/mailändischen Boutiquen, meistens auf den Straßengittern, wo sie versuchen, sich durch den aufsteigenden Dampf warm zu halten, um nicht zu erfrieren, was ihnen nicht immer gelingt. Wenn ich nachts ausgehe, um die vielbescholtene New York Times zu kaufen (das ist meine selbstmörderische Droge! Nicht, um mich mißinformieren zu lassen darüber, was der Präsident und die Präsidentin nicht machen, sondern meistens wegen der Börsennachrichten, die ausschlaggebend sind), dann schlafen die Obdachlosen schon, und ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich ihnen fast nie Geld gebe. („Geht doch arbeiten, Ihr Faulen!" und „Euer Unglück soll Euch dazu bringen, eine bessere Gesellschaftsordnung zu erreichen, wie ich es auch mit dem New York Times-Lesen und mit der Kunst heroisch mache!") Je schlimmer es ist, desto besser. Doch müssen wir es wenigstens warm haben und an Nahrung herankommen - wie Kapos im KZs - wenn wir die Menschenrechte und das Freiheitlich-Sexuelle durch die Kunst bejahen sollen.

Oder soll doch eine Sitzung in Berlin stattfinden, im neu zusammengeschmiedeten Vierten Reich? Da, so höre ich, gibt es tschetschenische Mafiosi (als Russen hassen sie mich doch) und Neonazi-Gangs (als Jude bin ich bei denen auch nicht beliebt, wenn sie ihre Position nicht, wie Himmler, schließlich ändern) und auch neuangekommene, verschonte, aber unerwünschte Zigeuner und russische Juden, die nun in den Konsumismus drängen, und Russlanddeutsche, die doch lieber zu Hause geblieben wären - und heimatlose Deutsche, die gibt es bei Euch auch. Die gute Mauer läuft jetzt durch das Herz. Bei uns wird der Professor Gingrich mit seiner heiligen Familienrevolution schon bald alles in Ordnung bringen, die Obdachlosen und die dummen Künstler werden dann einfach weggefegt. Die Obdachlosen zur Arbeit, wo es keine Arbeit gibt. Die Todesstrafe wird dann alles regeln. Kommt  nach New York!

Zuviel Wissen tötet das Fühlen

Ich möchte hier noch etwas hinzufügen, was mit dem eigentlichen Text kaum etwas zu tun hat; doch es handelt sich um die „Kollegen", ein Wort, das ich hier häufig benutze. Es heißt auch „der Hitler und seine Kollegen." Ich sehe sie dauernd im Fernsehen, immer spätabends, wenn alle gerechten, arbeitenden Menschen schon schlafen. Wenigstens zweimal in der Woche, würde ich sagen. Ich werde nie müde davon. Den Führer kenne ich so gut, es scheint mir, als sei er ein naher Verwandter für mich. Ich habe guten Grund, ihn zu hassen; ich hasste ihn schon, bevor ich ihn durch das Fernsehen so gut kennen lernte. Jetzt ist mein einstiger Drang, ihn langsam aufzuschlitzen, längst vergessen. Und ich beobachte ihn, als ob ich ihn nie gekannt hätte, mit großem Interesse, als ob ich niemals etwas mit ihm zu tun gehabt hätte. Er ist für mich kein Fremder mehr, so scheint es mir jetzt, er ist ein Onkel mit scheinbar ungewöhnlichen Charakterzügen. Dass er meine Mutter getötet hat, kann ich überhaupt nicht verstehen. Das alles rührt her vom Überfluss an Informationen. Die Details von allem verdrängen das Fühlen. Es ist viel wirksamer, alles in einer Stille, von einem Geheimnis umgeben, schweben zu lassen. Die Überbelichtung tötet die Wirklichkeit. Und das gilt auch für den Holocaust. (Meiner Mutter hätte es bestimmt nicht gefallen, dass ihre Aufopferung dazu verwendet wird, allerlei, auch egoistische - auch manche gute - Zwecke zu illustrieren, und dass lügenmäulige Politiker sie für ihre dreckigen Public Relations benutzen. Sie muss noch immer für ihr Einsatzkommando schuften. Ihr ist es versagt, demokratisch dagegen zu stimmen. Ihr Stimmrecht wurde den Holocaust-Museumsdirektoren übergeben.) Das Wissen schläfert, so paradox das scheint, das, was von dem Menschen übrig ist, ein. Als ich zum ersten Mal, Jahre nach dem Geschehen, an den Massengräbern von Riga stand, worin auch ich gelegen hätte, da gab es den Ausweg, alle Längen schrittweise auszumessen und eine Skizze zu machen. Nur 8 Gräber - und darin eine ganze Stadt!

In der Folge bin ich ein kleiner Spezialist dieser Geschehnisse geworden. Jetzt sehe ich nur noch die TV-Reportagen, und ich weiß so viel (so wenig), dass es mir scheint, als sei alles auf das Niveau eines Kaffeeklatsch-Gesprächs erniedrigt worden.

Über das Power-Vakuum

Im jüdischen Staat Israel gibt es keine Straße, die nach dem zweitbekanntesten Juden (nach Jesus Christus), Karl Marx, benannt ist, trotz der jahrelangen Regierungsperiode der sogenannten Arbeiterpartei, die das Land verpachtet hat, und die es nun durch den „Frieden" zu einem Judenghetto macht. Der Jude Karl Marx soll Antisemit gewesen sein, weil er die jüdischen Geschäftsleute angegriffen hat. Wie steht es dann mit dem Propheten Jeremiah, der in seiner Zeit die Juden anklagte, weitaus schlimmer als der Jude Karl Marx? Es gibt kaum Straßen/Dörfer/Städte, die seinen Namen tragen, doch aus der Bibel konnten sie seinen Namen nicht tilgen, das konnten auch die heldenhaften Generäle und Politiker nicht, er ist zu festgeschrieben. Und falls sie es versucht hätten, hätten sich die fanatisch Religiösen gesträubt, genau wie die Chassidim, die sich in der Hitlerzeit zum Lob Gottes in die gebrandschatzten Synagogen warfen. (Der Onkel meiner Mutter, Moysche Katz, war auch dabei.)

Gleichzeitig ist es immer so, dass die Propheten und starken Kritiker durch ein stilles Übereinkommen vergessen werden. In anderen Orten, wie in Russland, wo sie zunächst zu Göttern gemacht wurden, wurden sie schließlich von nimmersattgefressenen Yuppie-Marxisten, wie dem überklugen Gorbatschow und dem kleinen Kommunistenzaren Jelzin, ausradiert. Der Jeremiah hatte da in Russland größeres Gluck: Die Religiösen glaubten und glauben immer noch an seine Worte, obwohl es früher fast verboten war.

Im allgemeinen herrschen überall, genau wie bei uns im „überfreien" Westen ... nur die Geschäfte; nicht unbedingt die kleinen, egoistischen Geschäfte, die man zum Leben braucht: Es geht um das„freie" amerikanische Ringen um die Macht, egal in welchem Gewand sie daherkommt. An einem Ort geht es um Blutfehden zwischen Familien und Stämmen, an anderen um klug angezettelte demokratische Wahlen. Die neue „Internationale" ist die menschenrechtliche „U.N.", Schiedsrichterin für die Dschungelkämpfe (und Tarnung für die, die hinter ihr stecken).

Das Power-Vakuum muss doch irgendwie gefüllt werden, genau wie ein schlechtes Bild: und es ist gleich, ob es sich um Familie/Stamm, Religion, Freiheit/Demokratie oder die Muskelmafia handelt. Zum Überleben in der Höhlenfamilie braucht man Macht! Im heldenhaften Jugoslawien schaffen das schon die demokratische Ustascha, die moslemischen SS-Verbände und die antikommunistischen Tschetniks, in Russland die demokratischen Mafiosi.

Genauso ist es mit der Kunst: Wir sind fascio-Falangisten, die einen wollen das eine, die anderen das andere Ziel (so wie sie es gerade glauben). Die Kunst ist nicht nur eine Geldanlage und ein ästhetisches Vergnügen, sondern auch Lehre und Propaganda. Die Bibel, Fürst Tolstoi, die Dadaisten und Majakowski haben das schon lange gewusst. Wer von ihnen und denen, die folgten, in seiner Zeit keine Wurzeln fassen konnte, der war verloren: Drum schreit! Wenn ihr doch keine besseren Waffen habt! Durch das Blasen der Posaunen sind die Mauern von Jericho gefallen! Der Schrei, das „Nimmer mehr", wenn auch, wie zur Zeit, nur leise, hat doch manchmal die Eigenschaft, dass er nach wenigen Jahren, vielfach verstärkt, wie eine gute Bombe auf die Erde fällt.

Des Königs neue Kleider

„Der König hat ja keine Kleider!" „Der König hat ja keine Kleider!" Doch ich sehe genau, dass er einen Hermelin-Mantel trägt und eine Krone auf dem Kopf sitzen hat. Wieso sehen sie ihn alle nackt und ausgezehrt, mit faltiger Haut, die ihm aufgrund von Unterernährung vom Bauch hängt, nicht viel besser als ein abgemagertes Skelett und barfuss. So steht er auf den Stufen zum Thron, als weißer Sklave dem Meistbietendem feilgeboten. Nein - ich sehe ihn robust und rund, bekleidet wie ein Fürst, nein, wie ein Zar; und wenn er auch nicht so aussieht wie Moses, der sich aus Weisheit Hörner auf der Stirn wachsen ließ, so ist er für mich doch wirklich genug. Ein König muss gar nicht so aussehen wie eine dramatische Gestalt, er muss aussehen wie Du und ich, nur besser, vertrauenserweckender als wir krummen Bürger, sozusagen demokratisch, mit gesegneter Familie natürlich, da er dauernd seine Zeugungsfähigkeit demonstrieren muss.

Wir brauchen dringend einen König, und zwar einen gutangezogenen! Nicht so wie Lenin, Che Guevara oder Mao. Eine Königin wäre noch besser; doch nicht so eine Schlampe wie Rosa Luxemburg- die von Pariser Couturiers gutgekleidete Marxismus-Professorin Raissa Gorbatschowwäre die beste Kandidatin.

Ich stecke schon seit Jahren aus Zeitungen und Journalen ausgeschnittene Fotografien mit Zeitungstexten an die Wände meines Arbeitszimmers, damit ich die Gegenwart, die Geschichte wird, nicht vergesse. Die Ausschnitte werden gelb, fallen ab; ich befestige sie dann wieder mit Klebeband an der Wand. So entstehen Collagen, die vor sich hin altern, so wie die Arbeitssklaven, die in ihren Spinden die liebsten bösen Pin-up-Girls anbringen, um so etwas wie einen Funken von Liebe und Wohlfühlen in ihrem langweiligen Tagesdasein zu erhalten - und dann zurück mit der Maschine an die Maschine.

Ich habe so zwei Abbildungen des Vaters Stalin an die Wand gehängt und noch mit Klarlack übermalt, damit sie nicht verblassen: Falls es Stalin nicht gegeben hätte, dann wäre ich doch nicht am Leben geblieben! Und immer noch beschimpfen ihn die neugetauften Kommunisten! Die Stalins sind die einzigen, die von der Wand verschwunden sind, alles übrige ist immer da wie zuvor. Ich habe sehr wenig Besuch - wie und warum und von wem könnten sie gestohlen worden sein? Es war ja nur vergilbtes Zeitungspapier. Waren es Spione der Rußki-Immigranten oder Demokraten-Mafiosi, die auf Anordnung des heiteren, im-Parlament-herumschießenden Yuppie-Zaren handelten?

Im Jahre 1962 war ich in Mailand, da habe ich zufälligerweise eine Schallplatte der Sängerin Vanone im Milaneser Dialekt gehört. Das war während der Atom-Kuba-Krise. Die Welt wäre beinahein die Luft geflogen - während ich gar nicht wusste, wie ernst die Lage war. Die Sängerin sang ein Lied über einen verhafteten Verbrecher, der von der Polizei gezwungen wurde, die Namen seiner Kumpane zu verraten: Er sagte, die und die ... Vanone sang: Nein! Ich gehöre nicht zu denen! „No! lo non so da quell ..."

Als ich ungefähr 12 Jahre alt war, gehörte ich zu einer linksradikalen zionistischen Pfadfinderorganisation. Man musste kilometerweit wandern, durfte auch im tiefsten Winter nur kurze Hosen tragen, Krawatte und alles Bourgeoise war tabu. Das gleiche galt für Mädchen, die durften sich weder schön kleiden noch schminken, und alle mussten die graue Arbeitsbluse als Uniform tragen, natürlich auch einen ganz langen Rock. Nun hatten meine Klassenkameraden in diesem Alter Stangenfieber. Das Wandervogelsein mit den aggressiven nächtlichen Überfällen auf die Waldlager der politischen Konkurrenz hatte keinen Reiz mehr für sie, nur das Vögeln der Weibchen, was im Prinzip verboten war. Die gingen aus der Gruppe raus, so dass nur zwei übriggeblieben waren. Einer davon war ich. Wir wurden dann zu Parias. Ich hielt die Isolation in der Klasse nicht mehr aus und gab auf. Der Zweite glaubte immer noch daran und verzeiht mir den Verrat bis heute noch nicht, oder will jedenfalls nichts mit mir zu tun haben. Auch deswegen ... kann ich es mir nicht leisten, die NO!art an die Kunstwelt-SS zu verschachern. Bei wahren Partisanen gibt es für eine solche Haltung nur die Gnade des Todes. Da ich leider nicht das Glück hatte, Partisan zu werden, muss ich nun, mit weniger direkter physischer Gefährdung, unsere Sache hochhalten. Begehrenswerte, geile Mädchen sind nicht mehr so wichtig, und das befreierische Bordello-Schminken hat keinen Avantgarde-Reiz mehr.

Auch wenn man alleine, ohne Brüder und Schwestern, im Urwald ist, und da jahrelang mit Waldgespenstern herumirrt, und wenn der Gegner sich überhaupt nicht um Dich kümmert, kann man doch Verrat begehen gegen sich - das heißt gegen Gott; obwohl es scheint, dass Gott sich nicht um Dich kümmert. Vielleicht aber doch.

Der Tag der richtigen Befreiung kommt meistens nicht; manchmal aber doch! Mit scheinbaren Befreiungen zwischendurch. Man muss immer auf die allerletzte, richtige Befreiung hoffen, und dadurch am Leben bleiben in dieser Ungewissen Hoffnung... Auf einmal, immer wenn man sie am wenigsten erwartet, kommt sie doch! Natürlich nicht unbedingt für mich oder Dich.

Wo steckt heute, anno 1995 die Avantgarde? Gibt es eine Avantgarde? - Die Pionierzeit der (meistbürgerlichen) Moderne ist längst vorbei, und was da heute übrigbleibt, sind einfach nur Scherereien, Archäologie, um etwas in den Gräbern zu finden, was diese Pioniere weggeworfen oder im Schutt vergessen haben. Heute herrscht die Akademie wie im 19. Jahrhundert, nur als moderne avantgardistische Kunst maskiert. Das ist vielleicht auch natürlich so, nach dem Ende der Moderne. Selbstverständlich gibt es heute wie immer große, individuelle Talente. Es gibt einige, ob alt oder neu in ihrem Stil. Man kann ein Genie, das man noch nicht kennt, womöglich eher nebenan um die Ecke finden, aber fast kaum in Museen. Der Kunstmarkt ist oder war zu gut. Der Trust aus Universitäten, Kunsthandel und Museen verdaut nur das Vorgekaute, das Akademische wird zu neuen Diamanten geschliffen.

Doch es gibt heute etwas Neues, vielleicht weniger in den neuen Formen, die sie kreieren, als in ihrer Schaffensweise: Das sind die herrenlosen Freibeuterbanden. Die wissen meistens nichts vom etablierten Kunstmilieu. Die wissen oft gar nicht, warum sie malen. Denkt doch an die Graffiti-Künstler, die oft ihr Leben riskieren, um ihre Zeichen an Brücken oder in den gefährlichen U-Bahntunnels anzubringen. Für wen? Nicht für die Besucher der Galerien oder Kritiker, sondern für sich selbst und ihre Bandenbrüder!

So was passt nicht in die sogenannte Kunstgeschichte hinein. Man kann auch solche Dinge kaum für den Markt verwerten. Es gibt auch andere Banditenbanden, die weniger abenteuerlich und halsbrecherisch sind, sich dafür aber länger im Kunstgeschehen halten können. Die kriegen ihre Chance, wenn der Kunstmarkt einbricht, wie jetzt.

Die alten Pioniere kamen auch nur hoch, als es einen Kunstmarkt für sie gab. Die Einzelgänger außerhalb der Industrie und Einzelgänger-Banditen können kaum überleben. Und so was ist auch logisch im historischen Sinn. Der Kampf der Moderne/Avantgarde ist vorbei. Die neue Kunstindustrie hat die Avantgarde absorbiert. Was daraus folgt, ist der neue Akademismus. Wer sich dagegen sträubt, muss in den Wald gehen und Räuberbanden gründen.

Über den Trieb hinaus

Wenn man mit viel Glück alle Hürden überwunden hat, auch bezüglich der Freiheitsmädels, die Dich noch zuletzt in ihrem Bauch töten wollen (die sagen, alles, was in ihrem Körper stecke, gehöre ihnen ... Wo doch der Körper selbst nur ausgeliehen ist ...) und man es geschafft hat, auf diese schöne Erde durchzukommen - wo das Gesetz gilt, dass jeder jeden frisst - müsste man, anstatt auf dem Sofa zu liegen und auf die Weltlage zu pfeifen, etwas Nützliches tun, um die Schwierigkeiten der Unterlegenen ein wenig zu mildern: Über den Fresstrieb hinaus nach mehr Gerechtigkeitstreben (das fortschrittliche Lügen vermeiden), für das Kreative schuften (was immer das auch ist),sich ein wenig von der Welt des „Tier frisst Tier" (diese Welt verstehen die Naturschützer als so tugendhaft) entfremden ... und trotz der harten Kämpfe, die das mit sich bringt, etwas weniger blutrünstig werden wie Himmler. Dem „schwächeren Tier" muss wegen seiner „Minderwertigkeit" geholfen werden, für seine Verteidigung muss sich ein Starker politisch engagieren. Das schwache Menschlein darf aber auch nicht überfüttert werden, man sollte es nicht noch mehr mit Spielzeug überschütten, das ihm das Gottgegebene abnimmt, während andauernd süßliche Lügenworte von den Gipfeln flüstern. In Armut und im Kerker und in Niederlagen gibt es immer noch eine Würde, doch gibt es keine in diesem dicken Konsumenten-Glück.

Kurznachrichten zum Abschluss

Das Politbüro und das Zentralkomitee treten zu einer Sitzung in der 66. Straße & Park Avenue in New York zusammen. Die Adresse ist sehr vornehm, die Räume jedoch (2 Wohnungen) sind nichtgroß genug, um all die Abgeordneten aus aller Welt und von allen Sternen gemütlich unterzubringen ;es gibt zuwenig gepolsterte Direktorensessel, dafür aber genügend gute kubanische Zigarren (vom neinsagenden fidelen Fidel Castro, jedoch auf Umwegen, wegen des Embargos). Die Frauen unter den NO!artisten (ca. 45 %) rauchen keine Zigarren. Jetzt rauchen sie nur Männer. Auf der Tagesordnung steht: Soll man Kunstproduktionen überhaupt öffentlich ausstellen? Wenn ja, dann wie und wo? (Denn damit kann jeder fälschlicherweise in Museums- und Galeriethemenausstellungen eingegliedert und zur Unterstützung von Nicht-Gleichgesinnten benutzt werden.) (Es soll allerdings nicht behauptet werden, dass die Museen und Galerien den NO!artisten nachlaufen, hier geht es ums Prinzip.) Der zweite Punkt ist, ob man Werke überhaupt verkaufen soll. (Das wiederumheißt nicht, dass die Kunstsammler hinter diesen Arbeiten her seien. Es geht wieder um die prinzipielle Frage.) Der dritte Punkt ist der, ob man überhaupt mit dem Kunstmachen angesichts der Vorgänge in der Kunstwelt und in der Welt fortfahren soll. (Die Waffe Kunst, so glauben manche, sei zu stumpf geworden für diese Zeit.) (Mit den Revolvern Kunst zu machen, glauben manche, wäre doch besser.) Nach vielen Diskussionen und nach viel Rauch, auch Männerrauch, kann natürlich - wie es von NO!artisten nicht anders zu erwarten ist - nichts klipp und klar entschieden werden. Jeder der Beteiligten soll die diskutierten Fragen im Auge behalten und sich dann nach seinen Bedürfnissen und seinem Gewissen richten. Bis zur nächsten Sitzung. Das ist kaum stalinlike, das ist NO!artistisch! Soweit die Nachrichten.

Ich kann nur hinzufugen, dass die toten NO!artisten und die Verschollenen auch bei der Sitzung dabei sind. Sie wollen gar nicht glauben, dass nach 30 Jahren Vergessen die NGBK/Berlin im nunmehr „Neuen Großen Deutschland" eine Retrospektive für die Verhauchten veranstaltet. Sind die Gestorbenen und Verschollenen (ja und Vergessenen') im Schutteimer der Großstadtkunst (ohne Erbarmen oder Gedenken!) die Unbekannten Soldaten (nur der eine von ihnen wird als Namenloser gefeiert!), sind auch die Künstler solche Ritter? Die starben doch nicht im Gefecht, sondern im Kampf gegen Windmühlen an ganz normalen Krankheiten (und immer zu jung).

Kann es nicht sein, dass das erstickende Milieu dazu beitrug? Die Energie die sich ursprünglichfanatisch auf Außenwelt und Werk stürzte wurde dann, als es keine Resonanz gab, selbstzerstörerisch eingesetzt. Wer in New York Ambitionen hat und nicht gewinnt, der ist verloren. Das liegt an der vergifteten Atmosphäre. Wer so geschlagen wird, der muss sich schleunigst einen anderen Glauben suchen. Die wahren Künstler sind leider im allgemeinen zu emotional, nicht denkorientiert genug. Ein Ausweg kann die Krankheit sein. Ein anderer, sich im Dunkel des Tunnels auf die Schienen zu legen und den nächsten Zug abzuwarten (wie Isser Aronovici). Noch ein weiterer ist es, aus New York zu verschwinden, desertieren von der Front. Wer trägt die Verantwortung für solche Kulturbarbareien? In der Demokratie gibt es keine Verantwortung. Jeder arbeitet gehetzt daran, an Bewegungen teilzuhaben, die schon existieren (man kann auch Bewegungen eigenständig hervorrufen). Falls man jemandem dabei wehtut: too bad! Also niemand ist schuld an den Künstlermorden.

Publiziert in: NO!, Ausstellungskatalog, Berlin 1995

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BORIS LURIE: Geboren 18. Juli 1924 in Leningrad (St. Petersburg). Ein Jahr später zogen seine Eltern mit ihm nach Lettland (Riga). An einer deutschsprachigen Schule erlernt er seine baltische Ausdrucksweise. Nach der Besetzung seiner Heimat war Lurie von 1941 bis 1945 gefangen in den KZs Riga, Lenta, Stutthof und Buchenwald. Nach der Befreiung durch die Amerikaner 1946 Emigration in die Vereinigten Staaten. 1954-55 Aufenthalt in Paris. Begründete 1959 zusammen mit Goodman und Fisher die NO!art-Bewegung in der 10. Straße in New York (March Group & Gallery). Ist nach wie vor involviert in der Fortsetzung der NO!art-Bewegung. — Gestorben 2008 in New York.  mehr

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