Lieber Boris:
Was ich sagen kann ist, dass Du es ganz genau weißt, was ich in der Kunst liebe. Kunst ist für mich die Flucht vor der Realität und nicht ein schauderhafter Realismus, der die Schrecken unserer verrückten Zivilisation zeigt.
Wir sind von Hässlichkeit, Schmutz, Dreck, Verunreinigungen, schauderhafter Reklame und Vulgarität umzingelt: Warum all diese Schrecken nehmen, sie zusammen tun und Protest machen? Der wirkliche Protest ist Schönheit und Reinheit!
Anfang der sechziger Jahre, eigentlich schon 1957, zeigte ich Yves Klein, das war Protest gegen den damaligen modischen, lyrischen und abstrakten Expressionismus. DADA war immer wieder ein Protest mit Humor. NO!art scheint Protest mit Hass zu sein. Ich bin für Liebe und Humor.
NO!art ist ein tiefer Protest gegen all die etablierten Werte, genau genommen zeigt sie das Ende der Zivilisation.
Aber sobald NO!art verkauft wird, wird sie zum kommerziellen Wert, und deshalb bin ich nicht auf ihrer Seite.
Ich ließe mich wirklich überzeugen, wenn die NO!-Künstler so weit gingen, sich mitsamt ihren Werken in der Öffentlichkeit zu verbrennen.
Publiziert in: ►Lurie, Boris; Krim, Seymour: NO!art, Köln 1988